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Veröffentlicht am Dienstag 3. Juli 2012 10:43

Disposition und Fertigung zählen aufeinander Automobilzulieferer Scherdel steuert Werk Waldershof mit MES-Software

Der Weg vom Prototyp in die Serie ist kurz – zumal bei einem Zulieferer wie Scherdel, der seit eh und je gefragter Partner der Automobilindustrie ist. E-Mobility, Hybridantrieb: Innovationen prägen die Branche und, um Ideen zu realisieren, kommt es auf jedes Stanz- und Biegeteil, auf jede Zug-, Druck- und Formfeder an. Viele der Konstruktionsteile entwickelt das fränkische Traditionsunternehmen gemeinsam mit Kunden. „Scherdel ist für Fortschritt bekannt“, sagt Manfred Fink, Projektleiter IT bei Scherdel. Das gilt für Produkte und Prozesse gleichermaßen.

Disposition mit Excel und Telefon

So hat die mittelständische Firmengruppe mit Hauptsitz im oberfränkischen Marktredwitz Anfang 2011 plangemäß einen Meilenstein im MES-Projekt erreicht, in dem das bewährte ERP-System von Atos Origin mit einer Produktionssteuerungssoftware gekoppelt wurde. Ziel war es, den Meistern am Standort Waldershof eine Lösung an die Hand zu geben, mit der sie eingehende Aufträge auf die Fertigungsanlagen besser verteilen können. Andreas Schultes, Projektleiter im Werk Waldershof: „Bisher geschah die Disposition excelbasiert und soll jetzt durch ein integriertes System abgelöst werden.“ Auf dem Weg von der groben Vorplanung im ERP-System bis zur Fertigung an der Maschine konnten sich Fehler und Ungenauigkeiten einschleichen. Da der Standort das Leitwerk in der Sparte Stanz- und Biegetechnik für die gesamte Gruppe ist, suchten Manfred Fink und Andreas Schultes gemeinsam mit der Geschäftsführung nach einer strategischen Lösung für die Produktionsplanung. Klar war, dass die Software an das ERP-System gekoppelt sein und Daten in dieses zurückspielen sollte. Weitere Mussziele waren eine Werkstattüberwachung sowie eine Stillstandsanalyse.

Die Möglichkeit, gemeinsam mit einem externen Berater eine eigene Software zu entwickeln, wurde rasch verworfen. Bereits seit fünf Jahren ist der Fertigungsspezialist IT Engineering aus Pliezhausen im Unternehmen bekannt. Auf der Branchenfachmesse „Wire“ wurden erste Kontakte geknüpft. Mit einer Stand-alone-Installation des Softwareexperten zur Produktionsdatenerfassung ist man am Standort Druckfederntechnik Röslau seit Jahren zufrieden. „Die Einschätzung der Kollegen aus Röslau war durchweg positiv – ein IT-Anbieter mit einem offenen Ohr für die Fertigung“, erinnert sich Manfred Fink. Da der Anbieter zudem zusagte, eine Standardsoftware mit ERP-Anbindung in kurzer Zeit umzusetzen, entschied man sich im März 2010 zu dem gemeinsamen Einführungsprojekt in Waldershof.

Schlankes System mit Erweiterungsmöglichkeiten

Andreas Schultes: „Wir haben uns komplexere Wettbewerbsprodukte angeschaut. Deren Einführung hätte doppelt so lang gedauert. Ein schlankes System mit guten Erweiterungsmöglichkeiten schien uns die bessere Alternative.“ Heute sind alle Maschinen an die Software angebunden und die Scherdel-Experten nutzen die Möglichkeit, firmenspezifische Prozesse im MES-System abzubilden. Beispielsweise haben sie eine vom Standard abweichende Darstellungsweise im Planungsmodul angeregt. „Ein riesiges monolithisches System böte uns diesen Spielraum nicht. Mit der Einführung des EMC-Systems haben wir die richtige Entscheidung getroffen“, so Andreas Schultes.

Gemeinsam haben der Softwareanbieter und Scherdel die Schnittstelle geschrieben, über die das System mit der betriebswirtschaftlichen Software kommuniziert. Vor dem Roll-out wurden die Ablaufszenarien durchgespielt und die Systemkonfiguration an der einen oder anderen Stelle optimiert. „Bis heute erleben wir IT Engineering als sehr zuverlässigen Partner, der schnell reagiert“, so Manfred Fink. Mit der Projektstruktur sind er und Andreas Schultes nach wie vor sehr zufrieden: Rückhalt durch das Topmanagement und ein Vertreter der zentralen IT sowie ein Keyuser aus dem Werk als gemeinsame Projektleitung.

Bediener haben mehr Zeit für ihre Maschinen

Die Mitarbeiter in der Produktion tragen die Lösung voll und ganz mit. Dabei handelt es sich meist um hochqualifizierte Werkzeugmacher. Wenn sie bei Scherdel anfangen, benötigen sie zusätzlich zu ihrem Ausbildungsstand zwei Jahre, um sich das spezielle Know-how für die komplexe Stanz- und Biegeteilfertigung in Waldershof anzueignen. „Die Bediener haben nun mehr Zeit um die Fertigungsprozesse zu optimieren. Das sehen sie eher als ihre Aufgabe an als Zahlen aus der Produktion händisch zu erfassen“, sagt Andreas Schultes. Hinzu kommt, dass die Meister nun ansprechbarer geworden sind, da sie sich weniger um die Administration kümmern müssen. Manfred Fink ergänzt einen weiteren Aspekt: „In der Regel ist ein Einsteller für mehrere Maschinen gleichzeitig verantwortlich. Die Steuerungssoftware unterstützt ihn bei der Überwachung.“ Stillstandsanalysen geben Aufschluss darüber, weshalb es zu Verzögerungen kommt. Das erlaubt Rückschlüsse darüber, wie sie ihre Maschinen einstellen müssen, damit Prozesse schneller und stabiler laufen. Über das Auswertungsmodul lassen sich gezielt Aussagen zur Fertigung treffen: Wie läuft das Stück auf der Maschine? Haben wir es richtig kalkuliert? Welche Unterbrechungen gab es und weshalb? Wie produktiv arbeiten die verschiedenen Schichten?

Die Durchgängigkeit von ERP- und MES-System wirkt sich in zweierlei Hinsicht aus: Bislang wurden die Stückzahlen auf Papier erfasst und dann pro Maschine in die betriebswirtschaftliche Software eingegeben. Der Iststand gelangte so nur verzögert in das ERP-System, was die nachgelagerten Fertigungsschritte zusätzlich verzögerte. Auf der anderen Seite wurde die Produktion mit Zeitverzug über Aufträge und Auftragsänderungen informiert. Bei einem Großserienfertiger wie Scherdel verursacht eine ungenaue Abstimmung zwischen Disposition und Produktion schnell hohe Folgekosten. Zudem ist es in der Automobilindustrie üblich, die Auftragszahlen sehr kurzfristig zu ändern. Andreas Schultes: „Wir bekommen quasi jede Nacht neue Auftragszahlen rein. Wenn die aktuellen Zahlen schnell an der Maschine sind und mit den tatsächlich produzierten Mengen abgeglichen werden, wirkt sich das für uns in Euro und Cent aus.“

Veränderungen lassen sich präzise eintakten

Sobald aktuelle Auftragszahlen aus der ERP- in die MES-Software gespielt werden, verteilt der Meister die Aufträge mit dem zentralen Planungsclient auf die Maschinen. So sieht der Bediener frühzeitig, was er als nächstes zu tun hat und kann Vorbereitungen treffen. Der Meister muss sich nicht mehr selbst um die neuesten Informationen bemühen. Da er auf der anderen Seite die produzierten Stückzahlen parat hat, kann er exakt planen. Er weiß beispielsweise, wie viel Prozent eines Auftrags noch zu erledigen sind und wie lange das Material noch ausreicht. Er kann genau bestimmen, wie groß eine Lücke gefahren werden kann, um einen eiligen Auftrag dazwischen zu schieben, und er vermeidet Materialversorgungsengpässe. „Wir können Veränderungen jetzt präziser eintakten als vorher“, so Andreas Schultes. „Als Systempartner der Automobilindustrie haben wir vorher selbstverständlich auch spontan auf die Anforderungen unserer Kunden reagiert – allerdings zu deutlich höheren internen Kosten.“ Und Manfred Fink fügt an: „Heute benutzen alle Mitarbeiter in Waldershof dasselbe Planungswerkzeug und sprechen über identische Zahlen – eine Transparenz, die wir nicht immer hatten.“ Zurzeit wird geplant, auch in anderen Unternehmen der Firmengruppe die Kommunikation zwischen Disposition und Fertigung mit dem MES-System von IT Engineering zu unterstützen.

 

 

Über die SCHERDEL GmbH

Scherdel ist ein mittelständisch geprägtes Familienunternehmen und enger Partner der Automobilindustrie. Dank seiner hohen Produktqualität und Entwicklungskompetenz setzt ein Großteil der OEMs und großen Zulieferer Stanz- und Biegeteile, Zug-, Druck- und Formfedern des Traditionsunternehmens mit 120-jähriger Geschichte ein. Die Firmenzentrale hat ihren Sitz in Marktredwitz/Oberfranken. Die Produkte und Dienstleistungen der Gruppe verteilen sich auf über 26 selbstständige Standorte. Sie werden jeweils als eigenes Profitcenter geführt und sind durch eine Matrixorganisation aus Fachbereichen und Sparten vernetzt.

 

 

Über die IT Engineering GmbH

Seit dem Jahr 1995 entwickelt die IT Engineering GmbH aus Pliezhausen bei Stuttgart Softwarelösungen für den Maschinenbau und MES-Systeme für die Fertigungsindustrie.

Leitidee und Antrieb des Geschäftsbereichs ITE Software Engineering ist eine Produktionssoftware, mit der Fertigungsunternehmen ihre Maschinen optimal nutzen. Dazu wurde das EMC-System entwickelt – die Abkürzung steht für die Formel „Erfolg (E) resultiert aus Maschineneffizienz (M) und Controlling (C)“. Die integrierte, modular strukturierte Lösung lässt sich einfach bedienen und liefert den Fertigungsunternehmen praxisnahe Analysen. Diese helfen dabei, vorhandene Kapazitäten voll auszuschöpfen und Produktionskosten zu senken.

Aufgabe des Geschäftsbereichs ITE Software Engineering ist es, das Zusammenspiel von Maschine und Software stetig zu verbessern und für den Kunden so einen konkreten Mehrwert zu schaffen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, entwickeln Experten aus unterschiedlichen Disziplinen und mit verschiedenen Schwerpunkten gemeinsam mit den Maschinenbauern innovative Softwarekonzepte. Neben der umfassenden Fachkompetenz fließt dabei die Erfahrung aus mittlerweile 100 weltweit durchgeführten und erfolgreich abgeschlossenen Projekten ein.

Zu den Kunden von IT Engineering zählen global agierende Marktführer und Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand.

 

Autorin:
Dr. Astrid Schau, Unternehmenskommunikation