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Veröffentlicht am Montag 19. November 2018 15:26

„ERP/MES halbiert Umlaufbestände und erhöht die Produktivität um mindestens 10 Prozent“

Für den Dreh- und Frästeilehersteller August Weckermann gab es zur Digitalisierung und Automatisierung der Fertigungsprozesse keine Alternative mehr. Die Fertigungstechnologien mit Verfahren, wie z.B. dem Diamantdrehen/-fräsen, immer auf dem neuesten Stand, wurde auch die digitale Unterstützung der Prozessabläufe mit der Einführung des GEWATEC-ERP/MES modernen Anforderungen angepasst. Das Ergebnis nach ca. drei Jahren: moderne Ablaufstrukturen mit mindestens einem reinen Industrie 4.0-Prozess, Umlaufbestände halbiert und die Produktivität um mindestens 10 Prozent erhöht.

Ein Unternehmen, das die Zeichen der Zeit verstanden und seine gesamten Fertigungsabläufe auf einen neuen digitalisierten Stand gebracht hat, ist der Präzisionsdreh- und Frästeilehersteller August Weckermann aus Eisenbach im Hochschwarzwald. Der Firmengründer begann 1885 Teile für die Uhrenindustrie in seiner Bauernstube zu fertigen. Nach dem Überwinden auch politisch turbulenter Zeiten ist das Unternehmen heute mit seinen über 170 Mitarbeitern u.a. einer der führenden Spezialisten für diamantierte Glanzoberflächen und beliefert mit diamantierten Teilen alle Großen der Sanitärbranche.

Diamantierte Teile setzen sich schnell am Markt durch

Quelle: August Weckermann
Senior- und Juniorchef Duttlinger in der Fertigung. Im Hintergrund die MDE/BDE-Terminals von GEWATEC mit ihren vier Signalleuchten, jeweils direkt an der Maschine angebracht.

Beim Diamantieren, der Dreh- und Fräsbearbeitung eines Nichteisenmetall-Werkstücks mit einem Diamanten, trägt der Diamant etwas Material ab, drückt aber auch gleichzeitig auf das Werkstück. Durch die Druckphase entsteht eine hervorragende, hochglanzpolierte Oberfläche, die ohne weiteres Polieren galvanisiert werden kann. Diamantierte Produkte von August Weckermann setzten sich schnell auf dem Markt durch, „ohne dass man groß Werbung machen musste.“ Mittlerweile erzielt das Unternehmen 70 % des Umsatzes durch Premiumprodukte für die Sanitärbranche. Der damit verbundene Aufschwung führte 2006 zum Bau eines neuen Logistikzentrums und zusätzlicher Produktionsfläche von 2500 qm.

 

Was bei dem Wachstum weitgehend außen vor blieb, war eine parallele Modernisierung der Organisationsabläufe. Es gab vereinzelte IT-Insellösungen, wie ein rudimentäres ‚Waren-Wirtschaftssystem‘ auf MS-DOS-Basis oder die CAQ-Lösung GRIPS von GEWATEC als Einzelmodul. „Aber wachsende Kundenanforderungen, wie z.B. eine Chargenrückverfolgung, eine Dokumentation der Qualität der Produkte oder eine sinnvolle Steuerung und Erfassung der Wartung und Instandhaltung des Maschinenparks und der Werkzeuge konnten vermehrt nur mit großem personellem Aufwand erfüllt werden. Deshalb war ein Handeln dringend geboten“, so der Juniorchef David Duttlinger. Auf den Punkt gebracht gehe es darum, automatisierte Abläufe zu schaffen, mit denen es die Anwender einfacher haben und die die Produktivität erhöhen.

Es braucht sowas, wie einen CDO

Mit der Aufgabe einer grundlegenden Modernisierung der Ablaufstrukturen hatte der Vater auf das Know-how des Jüngeren ‚gewartet‘. Es wurde begonnen, sobald dieser 2012 nach Studium und ersten Erfahrungen in der Industrie ins Familienunternehmen eingestiegen war (beide übrigens Wirtschaftsingenieure von der TH Karlsruhe – heute Teil des KIT). David Duttlinger: „Die finanziellen Mittel standen dann entsprechend bereit und ich wurde weitgehend vom Alltagsgeschäft freigestellt, was sich im Nachhinein als absolut notwendige Voraussetzung erwies. Es braucht zwingend jemand, ob man ihn jetzt als CDO (Chief Digital Officer) bezeichnet oder wie auch immer, der die Digitalisierung und Optimierung der individuellen Unternehmensprozesse verantwortlich vorantreibt und deren Umsetzung mit kompetenten Partnern koordiniert.“

Quelle: August Weckermann
Der Maschinenpark bei August Weckermann besteht aus 80 Drehmaschinen, davon die Hälfte CNC, 80 Spezialmaschinen zum Diamantieren und 11 Bearbeitungszentren.

Der erste größere Schritt in eine neue Welt der digitalisierten Fabrik war die Einführung der ERP/MES-Lösung von GEWATEC, die gekennzeichnet ist durch eine weitest gehende Integration aller IT-Module von der Datenerfassung in Echtzeit der Prozess- und Qualitätsdaten an der Maschine bis zur Online-Anbindung über z.B. Smartphone oder Tablet. Die Digitalisierung der bestehenden Prozesse mit einer hochintegrierten und modernen ERP-Lösung ist eine gute Basis. Sie enthält im Normalfall bereits eine Reihe von I4.0-Ansätzen. Wichtig sei, so David Duttlinger, dass sämtliche Prozessstrukturen im digitalen System abgebildet werden.

 

Die Wahl des GEWATEC-Systems fiel nach gründlicher Marktsondierung. „Das Branchen-ERP für Präzisionsteilehersteller von GEWATEC konnte im Standard schon viele unserer Anforderungen erfüllen. Außerdem zeigte sich bei Testläufen sehr schnell das Verständnis und die tiefere Einsicht, die die GEWATEC-Mitarbeiter aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen in Drehereien für unsere branchenspezifischen Themenfelder mitbrachten“, blickt der Juniorchef zurück.

Nur ‚gute‘ Daten ergeben eine erfolgreiche Digitalisierung

Die Einführung des Systems am verlängerten Pfingstwochenende 2015 wurde entsprechend akribisch vorbereitet. Ein Schwerpunkt war dabei neben der Abbildung der Prozesse im System, dass alle Daten, wie Stammdaten, Arbeitspläne oder Fertigungsaufträge, neu eingegeben bzw. angelegt wurden. Nur die 4000 Prüfmittel aus der alten CAQ-Prüfmittelverwaltung von GRIPS wurden übernommen. „Wir haben die Umstellung genutzt, um unsere Datenbasis in Qualität und Umfang auf den neuesten Stand zu bringen, eine unerlässliche Voraussetzung auch für künftige Digitalisierungsprojekte“, so David Duttlinger. Installiert wurde nahezu die gesamte GEWATEC-Lösung mit den Modulen GPPS (PPS), KapPlan (Kapzitätsplanung/Leitstandsystem), GRIPS (CAQ), Dokumentenverwaltung, Produktionsmittel-Management (PMS), die CNC-Programmübertragung (DNC) und das BDE/MDE-Modul ProVis, inklusive der von GEWATEC hergestellten MDE-BDE-Funkterminals.

Die 130 Datenerfassungsterminals sind mit der sogenannten Prozessampel ausgestattet. Sie zeigt dem Werker an der Maschine mittels vier Leuchten in den Ampelfarben zum einen die Leistungsfähigkeit seiner Anlage über den OEE (Gesamtanlagen-Effektivität), dann die Qualität der Produkte über den cpk-Wert sowie die Aufforderungen zur SPC-Messung und zum Werkzeugwechsel. Mit diesen Informationen in Echtzeit schließt der Werker den Regelkreis zwischen Planungs- und Ausführungsebene und kann frühzeitig Maßnahmen ergreifen, noch bevor die ersten Ausschussteile produziert werden. Über das mit der Maschine verbundene MDE/BDE-Terminal werden automatisch die Stückzahlen erfasst, kann der Werker Aufträge an-/abmelden, die Gründe eingeben, wenn eine Maschine steht oder wird das zu der Charge gültige CNC-Programm per Knopfdruck geladen bzw. wieder in der GEWATEC-Datenbank im Arbeitsplan abgespeichert. In jedem Audit werde z.B. die sichere Abspeicherung des zu jeder Charge gehörende CNC-Programms als ein Nachweis, wie gefertigt wurde, besonders honoriert.

Die Auswertungen laufen im MDE/BDE-Modul ProVis im Hintergrund. Auf dem Leitstandrechner zeigen die grafisch angeordneten Maschinen u.a. den Betriebsstatus und den aktuellen Fertigungsstand mit Daten wie die Stückzeiten/Fertigungszeit, Reststückzahlen oder Störgründe. Mit einer Auswertung der Stillstandzeiten und Störgründe lässt sich heute die Leistungsfähigkeit speziell auch der konventionellen, kurvengesteuerten Maschinen genau beurteilen, was vorher eher ‚nach Gefühl‘ geschah. Im Einsatz sind 80 Drehmaschinen, davon die Hälfte CNC, 80 Spezialmaschinen zum Diamantieren und 11 Bearbeitungszentren.

Die Umlaufbestände halbiert

Mit der online-Erfassung von MDE/BDE- und CAQ-Daten wurde eine hohe Transparenz und Feinheit in der Fertigungssteuerung erreicht. „Durch die genauere Planung und Steuerung der Fertigung haben wir es im ersten Jahr geschafft, in den bearbeitenden Abteilungen nach der Dreherei die Umlaufbestände und damit den Platz und das gebundene Kapital zu halbieren“, so der Juniorchef, „wir können heute am KapPlan-Leitstand die Aufträge entsprechend dem Liefertermin genau einlasten, eine Pull-Fertigung. Früher wurden die Aufträge eher in die Fertigung gepusht.“ Man könne heute bei Umorganisationen eines Kunden direkt am Telefon verbindliche Termine zusagen. Viele weitere kleine Automatisierungs-Vorteile, die man mittlerweile als selbstverständlich ansehe: z.B. auf Knopfdruck bei der Auftragsfreigabe alle Unterlagen eines Auftrags bereit zu haben, inklusive der Zeichnung, die vorher aufwändig per Hand herausgesucht, kopiert und eingeheftet wurde, Ordnerablagen oder Karteischränke haben sich weitgehend ‚aufgelöst‘ oder auch, dass vereinzelt Aufträge dann, wenn man sie brauchte, einfach verschwunden waren, etc.

Die gute Zusammenarbeit mit GEWATEC zeigte sich besonders bei einigen speziellen Anforderungen bei August Weckermann, deren Lösungen jeweils Eingang fanden in den Standard des ERP-Systems. Eine war die Entwicklung der Schnittstelle zum neuen Hochregallager mit 40000 Lagerplätzen. Bestellt wird jetzt an einem Tag bis 11:00 Uhr und die Teile sind am nächsten bis 12:00 Uhr beim Kunden. Die Entnahme (bzw. die Einlagerung) wird in GEWATEC ausgelöst und das Lagersystem generiert automatisch den Kommissionierauftrag. Durch die Verbindung des GEWATEC-ERP zur Lagersteuerung von Kardex habe sich die Entnahmezeit halbiert und das Fehlerniveau im Logistikbereich um 95 % reduziert.

Materialumbuchungen als I4.0-Prozess mit Tablet und QR-Code

Quelle: August Weckermann
Ein I4.0-Prozess wurde mit dem automatisierten Buchungsvorgang einer kompletten Palette per Foto und Tablet installiert. Dabei erkennt die von GEWATEC entwickelte App sämtliche zu den Auftragskörben gehörenden QR-Codes. Ersparnis im Jahr: 800 Arbeitsstunden

Eine andere besondere Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen von August Weckermann und GEWATEC ergab den automatisierten Buchungsvorgang einer kompletten Palette per Foto mit dem Tablet. Die Grundidee war, eine Palette mit mehreren Auftragskörben an einem Arbeitsplatz komplett an- bzw. abzubuchen oder den Bearbeitungszustand umzubuchen von ‚halbfertig‘ auf ‚fertig‘ und nicht alle einzelnen Aufträge umständlich per Hand ummelden zu müssen

An jedem Auftragskorb ist eine Laufkarte angebracht mit einem QR-Code, der Charge und Anzahl der Teile beinhaltet. Mit einem Android-Tablet, auf dem eine von GEWATEC entwickelte App läuft, wird ein Foto von der Palette erstellt und die ausgewählte Umbuchung von z.B. Abtl. A auf Abtl. B aller Laufkarten erfolgt dann automatisch. Das Besondere an der App ist, dass sie beliebig viele QR-Codes auf einem Foto identifizieren kann. „Die auf den gängigen Plattformen, wie Playstore, angebotenen Apps können nur einen einzigen QR-Code aus einem Foto herausziehen. Aber das Entscheidende: mit dieser Tablet-Lösung, die für mich eine echte I4.0-Anwendung darstellt, sparen wir bei den Materialumbuchungen im Jahr ca. 800 Stunden Arbeitszeit“, erklärt der Juniorchef.

Der Foto-Ansatz mit dem Tablet wird auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. Der Lieferschein für die Außerhausfertigung bei Subunternehmen, wie Galvanikfirmen, wird bereits über Foto per Knopfdruck erstellt. Angedachte weitere Lösungen sind eine Anzeige der Wertschöpfung oder bei einem Qualitätsproblem wird per Tablet gleich eine Sperrreklamation im System angelegt.

„Die Prozesse, die wir aufgestellt haben, finden auch bei unseren Kunden Anerkennung, sodass z.B. einer der größten eine Einordnung als C-Lieferant hochgestuft hat auf A-Lieferant“, freut sich David Duttlinger und er ist sich sicher: „Die Einführung des GEWATEC-ERP und die damit verbundene Digitalisierung hat uns Stand heute mindestens eine Steigerung der Produktivität von 10 Prozent eingebracht.“

Eduard Rüsing, freier Fachjournalist in Karlsruhe

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